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25 Jahre Wagners Weine - Wie alles begann...

 Eine ganz persönliche Rückschau

 

Wein: das gabs bei uns zu Hause so gut wie gar nicht. Nur zu besonderen Anlässen und Verwandtschaftsbesuchen. Und das war immer das gleiche Prozedere. Wenn die Brotzeit mit russischen Eiern und Co. gegessen war und die Verwandtschaft kurz vor der Abreise war, wurde als glänzender Höhepunkt noch eine Flasche Wein aufgemacht. Unsere Bezugsquelle hierfür war unser Bäcker, der neben Semmeln und Brezen auch ein schönes Rahmensortiment hatte. Und so durfte auch ich schon als relativ junges Kind von einer „Mädchentraube“ oder wie diese lieblichen Rebensäfte auch immer hießen probieren.

 

Einmal gabs eine Zeit, da hatten wir tatsächlich einen erklecklichen Vorrat an Wein: als sich mein Vater von einem Weinvertreter der Fa. Pieroth eine ganze Lieferung hat aufschwatzen lassen. Also:

 

Ich war damals (geschätzt) 15 Jahre alt und durfte das eine oder andere Schlückchen schon probieren. Und mir hat das damals geschmeckt! Natürlich nicht ahnend, wie sehr gerade diese Weinkellerei (oder was das auch immer war) in den Glykolskandal verwickelt sein würde.

 

Jedoch: ich sollte wohl nicht zu den einzigen gehören, die mit meinem infantilen Geschmackssinn diese Art von Weinen gefielen. Bevor der Weinskandal das Land Österreich in eine schwere Krise riss, gaben führende Fachjournalisten nicht selten Bestnoten für Weine, bei denen mit Glycerin nachgeholfen worden ist.

 

Ich sehe im Weinskandal Parallelen zum Dieselskandal. Und meine These dazu lautet: Die vertreibende Branche versucht durch Tricks, das Unmögliche möglich zu machen, weil es dem Zeitgeist entgegenkommen möchte.

 

Beim Diesel geht es aus meiner Sicht darum,  dem Verbraucher Autos anzubieten, die vom Kraftstoffverbrauch ganz weit unten sind und damit Umweltfreundlichkeit signalisieren.

 

Beim Wein dagegen war der Zeitgeist ein anderer. Man wollte plötzlich eben nicht mehr pappsüße Weine. Der Weintrinker, der was auf sich hielt, trank plötzlich trockenen Wein. Aber gänzlich trockene Weine empfanden halt viele als „Sauerampfer“.

 

Nun ist es so, dass bei reifen Weinen (also bei Weinen, die natürlicherweise ihre Reife im Weingarten erhalten haben) als Nebenprodukt der Gärung Glycerin entsteht. Tja….und das fühlt sich am Gaumen zu 80% so süß wie Zucker an und macht die Weine füllig. Die sog. „Kirchenfenster“ am Glas entstehen dadurch.

 

Doch so viel reifen Wein gabs nicht und zudem kann man den dann auch nicht zu Preisen anbieten, die der normale Verbraucher bereit war zu zahlen. Tja – und da hat man halt ein bisschen nachgeholfen.

 

1985 war aber dann Schluss mit lustig, denn in diesem Jahr flog der Schwindel auf. Doch was damals eine Katastrophe war, hat sich auf den österreichischen Weinbau extrem positiv ausgewirkt.

 

In vielen  Betrieben gabs eine Betriebsübergabe auf die junge Generation und die mussten das Image des österreichischen Weinbaus wieder aufbauen. Es wurde das strengste Weingesetz der Welt beschlossen. Der Weg ging eindeutig in Richtung Qualität statt Masse. Viele kleine Betriebe mussten aufgeben.

 

Als ich 1996 mit meinem Weinhandel begann, zitierte ein Winzer einen Weinfachmann aus Klosterneuburg: es würde 10 Jahre dauern, dass sich Österreich qualitativ aus dem Weinskandal rausarbeiten würde. Und: weitere 10 Jahre, bis dass das Marketing wieder so auf den Beinen stünde, dass österreichischer Wein gefragt wäre.

 

Es sollte sich herausstellen, dass diese Prognose zu pessimistisch gedacht war, denn bereits zum Gründungsjahr von (damals) „Wagners Weinverkauf“ gab es eine große Nachfrage v.a. nach den wichtigsten Weinen: Grüner Veltliner und Zweigelt.

 

Ja, und eben so einen Grünen Veltliner durfte ich eines Tages im Restaurant Forstinger in Schärding trinken. Es war ein GV Federspiel von der Riede Achleiten. Meine Frau und ich waren vollkommen geflasht, wie ein Weißwein (und dann auch noch Grüner Veltliner, den man eher aus dem Doppler (ja sowas gabs damals noch) kannte)  schmecken kann. Plötzlich schmeckte ich Aromen wie Aprikosen, die ich zuvor immer nur in Zeit-Kolumnen von Wolfram Siebeck las.  Zu Hause angekommen, schrieb ich mir gleich den Namen des Weines auf und dieser Post-it-Zettel befand sich noch einige Zeit im meinen Besitz. Denn nun war der Virus eingepflanzt, um auf die Suche von Weinen dieser Art zu gehen. Und dieser Virus hat mich bis heute nicht mehr losgelassen.