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Vollernter oder Handlese

Was macht ein Vollernter?:

Die Maschine fährt über die Rebreihe und bildet soz. einen Tunnel. Die Rebstöcke werden am Stamm gerüttelt, sodass die einzelnen Beeren abfallen. Sie fallen auf ein Lamellensystem, das die Stämme der Rebstöcke umschließt. Über ein Förderband werden die Beeren zu einem Auffangbehälter geleitet, während ein Gebläse verhindern soll, dass Laub und kleine Äste ins Traubengut gelangen.

Die Vorteile eines Vollernters liegen in der deutlich höheren Geschwindigkeit. Bei drohenden Wetterumschwüngen kann das von großem Vorteil sein. Die Anschaffungskosten für so einen Vollernter sind hoch, amortisieren sich aber relativ schnell. Zudem gibt es Lohnunternehmer, die eine eigene Anschaffung nicht notwendig machen.

Bei Weinen bis zur (ich sage mal) unteren Mittelklasse, ist der Einsatz der Vollernter eine Möglichkeit, zumal man sehen muss, wie sich die Option günstiger Saison-Fremdarbeiter weiter entwickeln wird.

Warum aber bevorzuge ich Winzer, die per Handlese arbeiten:

-         ich bevorzuge kleine Familienbetriebe, weil ich finde, dass diese am ehesten für einen gewissen Haus-Stil stehen. Für diese Betriebe ist es meist noch rentabler, wenn sie Freunde, Bekannte etc. zur Lese „einladen“, anstatt sich einen teuren Vollernter zu leisten.

-          Dazu kommt die Tatsache, dass diese Betriebe das ganze Jahr im Weinberg draußen sind, um sich um die Qualität der Trauben zu kümmern. Rebschnitt- und Erziehung, Laubarbeit oder das Reduzieren der Traubendichte sind da wichtige Parameter, um Qualität zu Erhalten. Das finale „dreschen“ mittels Vollernter würde diese ganze Logik ad absurdum führen.

-          Der Vollernter unterscheidet nicht zwischen schlechten und guten Weintrauben. Er erntet (hirnlos) alles. Doch schadhafte Trauben (z.B. Botrytis oder Sonnenbrand) beeinflussen den Geschmack des Weines erheblich. Oft müssen dann solche Fehltöne durch die sog. Kellertechnik wieder korrigiert werden. Freilich kann man diese deutliche Schwäche kompensieren, wenn die Trauben vorher am Stock ausgelesen werden. Doch auch das kostet natürlich wertvolle Zeit.

-          Es macht einen Unterschied ob ganze Reben geerntet werden oder nur die Beeren, die sofort gequetscht werden. Da muss der Winzer schon schnell ins Presshaus kommen, um z.B. Oxidation zu vermeiden.

-          Handlesende Winzer machen oft mehrere Lesedurchgänge in einem Weinberg, um verschiedenen Qualitäten zu erhalten. Das geht bei Vollernter nicht.

-          Bei vielen Weinen ist es wichtig, dass die Stile (Rappen) noch dran sind. Das gilt v.a. für Rotweine. Auch Ganztraubenpressung (ergibt besonders elegante Weine) ist mit Vollernter nicht möglich.

-          Abgesehen davon, verdichten Vollernter die Böden der Weinbergs-Lagen, was aus ökologischer Sicht schwierig ist. In Steillagen kann der Vollernter ohnehin nicht eingesetzt werden.

Natürlich ist die Handlese kein Garant für Qualität. Denn die Lesemannschaft besteht aus Menschen, die gut geschult und geführt, Arbeiten verrichten müssen, die körperlich anstrengend sind. In diesem Konzert spielt der Winzer als Dirigent eine entscheidende Rolle.

Die höheren Kosten der Handleser erhöhen natürlicherweise den Preis des Weines. Ob es dem Verbraucher das Wert ist, muss alleine er/sie entscheiden. Doch für mich trägt ein Wein, der per Hand gelesen wurde ein menschlicheres Gesicht. Aus diesem Grund fördere ich Weine, die per Hand gelesen werden.