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Der Riesling

…ist nicht everybodys darling. Und doch gehört er in die Top-Liga der Rebsorten der Welt. Wie lässt sich diese Ambivalenz erklären?

 

Ich versuche es hier mal darzustellen:

 

 Aus meiner Sicht ist die Säure der entscheidende Faktor für die Polarisierung. Manche Menschen(-mägen) sind halt schlichtweg empfindlich gegenüber Säure, was sich meist als Sodbrennen erkennbar macht. Natürlich macht in diesem Fall das Weintrinken keinen Spaß mehr.

 

Und doch trägt die hohe Säure beim Riesling zu einem wunderbar saftig-fruchtigen Trinkgenuss bei. Assoziationen an frischen Äpfeln, Pfirsich, Aprikosen oder Ananas werden wach. Außerdem regt die pikante Säure den Speichelfluss an, was wiederum Lust auf den nächsten Schluck macht und den Appetit anregt, weshalb frischer Riesling auch bestens als Aperitif geeignet ist. Die frische Säure verträgt durchaus deftige Speisen als Begleiter. Aber auch Fisch gilt als Klassiker.

 

Es gäbe kellertechnisch die Möglichkeit, die Säure des Rieslings zu zähmen. Etwa durch den biologischen Säureabbau, bei dem die aggressivere Apfelsäure in Milchsäure umgebaut wird. Z.T. wird das auch praktiziert. Jedoch nimmt man dabei der Sorte ein Stück weit ihren typischen Charakter.

 

Zudem trägt die Säure zu einer guten Lagerfähigkeit der Weine bei, weil  in einem saurem Milieu weniger schädigende mikrobiologische Prozesse stattfinden können. Die Weine bleiben einerseits frisch auf der Flasche und gewinnen sogar von der Flaschenreife: die Säure wird im Laufe der Jahre geschliffener und es gesellen sich sog. Tertiäraromen (= Reifearomen nach der Füllung) von Honig oder Dörrobst dazu. Auch der sog. Petrolton gehört dazu. (Gemeint ist der „Heizungskellergeruch“, der mal als Fehlton oder als eine Art Hautgout bewertet wird.) V.a. Große Gewächse gewinnen durch die Lagerung.

 

Als Gegenspieler zur präsenten Säure braucht der Riesling auch Süße. Ist die Säure härter, wie bei einfacheren Weinen, so darfs auch mal ein bisschen mehr Restzucker sein. Die vollausgereifte Säure der Großen Gewächse hingegen ist weicher (mehr Weinsäure-Anteil), sodass diese Weine trocken ausgebaut werden können und trotzdem einen süß-sauren Eindruck hinterlassen können. Dieses „Spiel“, wie man in der Weinsprache sagt, zwischen Süße und Säure macht den Riesling weltweit einmalig und so begehrenswert.

 

Deutschland gilt als DAS Weinland für Riesling. 45 % der weltweiten Rieslingproduktion findet hier statt. Im Rheingau sind 78 % der Rebfläche mit Riesling bestockt. Größtes deutsches Rieslinganbaugebiet ist die Pfalz mit fast 6000 ha, gefolgt von Rheinhessen (5.500 ha) und der Mosel (5.200 ha). Die Sorte ist somit für Wein-Deutschland identitätsstiftend.

 

Und sie passt in diese Breitengrade auch wunderbar hin, mag der Riesling für seine Aromenausprägung denn auch kühlere Nächte. Er treibt im Jahreslauf später aus und wird aber dann auch spät reif. Damit ist er einerseits weniger gefährdet für die gefürchteten Frühjahrsfröste. Die lange Vegetationsphase hingegen geben dem Wein die nötige geschmackliche Tiefe.

 

Der Riesling galt Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum 2. Weltkrieg international als absoluter Topwein. Nicht umsonst war die Lage „Bernkastler Doctor“ an der Mosel um das Jahr 1900 die teuerste Immobilie in Deutschland. Die Preise wurden auf den exklusivsten Weinkarten der Welt oftmals über denen der besten Bordeaux und Burgunder gehandelt. Ein Beispiel aus dem Hotel „Ritz-Carlton“ (New York) aus dem Jahre 1941: 3-6 $ für Bordeaux, 8 $ für Romanee-Conti und die Mosel-Weine darüber. (Ach könnte man doch nur die Uhr zurückdrehen!:)

 

Nach dem 2. Weltkrieg brachen dann die Export-Märkte ein, was dazu führte, dass v.a. billige süße deutsche Rieslinge verkauft wurden. Das war z.B. in England beliebt, führte aber zu einem „Billig-Image“ deutscher Weine.

 

Erst in den 80er Jahren gab es wieder eine Rückbesinnung auf die trockenen Top-Rieslinge. Mit den Großen Gewächsen (VDP und Bernkastler Ring) werden die Rieslinge wieder in die Top-Liga gehievt. Noch zu bezahlbaren Preisen, wenn man sie mit den Top-Weinen aus dem Burgund oder anderen renommierten Anbauflächen vergleicht. Aber die Kurve geht nach oben.

 

Die terroir-bewussten Betriebe versuchen sich der allgemeinen Uniformierung der Weine entgegenzustellen. Sie wollen das sog. Terroir abbilden, in dem der Wein wächst. Also: welcher Boden, welches Klima, welche Topografie. Der Riesling ist dafür bekannt, seine Herkunft sehr gut abbilden zu können. Mit etwas Übung kann der versierte Weinkenner dann einen Moselaner von einem Pfälzer oder einem österreichischen Riesling unterscheiden.

 

Ich freue mich, dass ich Euch am 17. Mai 25 diese 3 Anbaugebiete mittels hervorragender Vertreter dieser Sorte vergleichen lassen kann! Zu den Blaufränkischen dieser Weinprobe dann im nächsten Blog-Beitrag mehr…